Lebe wohl, Vesta!

Die NASA-Raumsonde Dawn verlässt am Mittwoch, 5. September, den Asteroiden Vesta, um ihr nächstes Reiseziel, den Zwergplaneten Ceres, anzusteuern.

30. August 2012

Etwa ein Jahr nach ihrer Ankunft am Asteroiden Vesta bereitet sich die Raumsonde Dawn der amerikanischen Weltraumbehörde NASA jetzt auf ihren Abflug vor. Die Sonde wird am Mittwoch, 5. September (MESZ), die Umlaufbahn um den Asteroiden Vesta verlassen; einen letzten Blick auf ihr Fotomotiv der vergangenen Monate hat das wissenschaftliche Kamerasystem an Bord, das Forscher unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) entwickelt und gebaut haben, bereits am 26. August um 17:21 aus einer Entfernung von 6000 Kilometern geworfen. Doch die etwa zweieinhalbjährige Weiterreise zum Zwergplaneten Ceres wird für die Wissenschaftler alles andere als langweilig: Die Flut wissenschaftlicher Daten, welche die wissenschaftlichen Instrumente an Bord im vergangenen Jahr gesammelt haben, bergen noch zahlreiche Überraschungen und Erkenntnisse.

„Bereits jetzt hat Dawn unser Verständnis des Sonnensystems verändert“, sagt Dr. Holger Sierks, Co-Investigator der Dawn-Mission am MPS und verantwortlich für die Entwicklung des Kamerasystems an Bord der Raumsonde. „Die Daten, die wir bereits ausgewertet haben, zeigen, dass Vesta der einzige bekannte Vertreter einer neuen Klasse von Himmelskörpern ist“, ergänzt er. Mit ihrem Durchmesser von 525 Kilometern und ihrer unregelmäßigen Form ist Vesta weder ein Planet, noch - streng genommen - ein Asteroid. Stattdessen bezeichnen Wissenschaftler Vesta als Protoplaneten, eine Art „Vorplaneten“, der vor 4,5 Milliarden
Jahren in einer frühen Phase der Planetenentwicklung stecken geblieben ist. Die Daten der Dawn-Sonde haben belegt, dass Vesta wie die Erde aus Kruste, Mantel und Kern aufgebaut ist. Vesta ist damit der kleinste bekannte Himmelskörper, für den dieser innere Schichtaufbau nachgewiesen werden konnte.

„Nach unserem jetzigen Kenntnisstand ist Vesta in vielerlei Hinsicht einzigartig“, so Sierks. Als zweitschwerster Körper des Asteroidengürtels zeichnet sich Vesta etwa durch eine einzigartige Topographie aus: Während sich die Nordhalbkugel auf den Aufnahmen des Kamerasystems als geradezu übersät mit Kratern zeigt, treten solche im Süden deutlich seltener auf. Dort direkt am Südpol erhebt sich zudem im Rheasilvia-Becken der höchste Berg des Sonnensystems: Er ist mehr als zweimal so hoch wie der Mount Everest.

Zudem ist die mineralogische Zusammensetzung von Vestas Oberfläche ungewöhnlich und äußerst vielfältig. „Die sieben Farbfilter des Kamerasystems erlauben uns Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Gesteinsarten, die an der Oberfläche zu sehen sind“, erläutert Sierks. Denn unterschiedliche Materialien reflektieren Licht verschiedener Wellenlängen zurück ins All. Aus diesen Daten konnten die Forscher des MPS lückenlose, dreidimensionale Farbkarten des Himmelskörpers erstellen. Zudem haben die vergangenen Monate deutlich gezeigt, wie stark Vestas Helligkeit variiert. Während die hellsten Stellen das Sonnenlicht so stark reflektieren wie Schnee, „schlucken“ die dunklen Gebiete das Licht ähnlich effizient wie Kohle. Eine weitere wichtige Erkenntnis war der Nachweis, dass die so genannten HED-Meteorite, eine große Klasse von Gesteinsbrocken aus dem All, die auf der Erde gefunden wurden, einst von Vesta
stammten.

„Das vergangene Jahr hat uns eindrucksvoll gezeigt, wie unverzichtbar das Kamerasystem für die wissenschaftlichen Ziele der Mission ist“, bilanziert Sierks. Die Forscher sind überzeugt, dass „die Augen von Dawn“ auch 2015, wenn die Raumsonde den Zwergplaneten Ceres erreicht, wieder eine maßgebliche Rolle spielen – und einen einzigartigen Blick auf eine unbekannte Welt bieten werden.

Die Mission Dawn startete vor etwa fünf Jahren in Richtung Vesta und schwenkte am 16. Juli 2011 in eine Umlaufbahn um Vesta ein. 2015 soll die Raumsonde ihr zweites Reiseziel, den Zwergplaneten Ceres erreichen, der wie Vesta im so genannten Asteroiden Gürtel zwischen den Umlaufbahnen des Mars und des
Jupiter um die Sonne kreist. Die Mission DAWN wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kamera-Projekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.

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