Zwei neue Ringe des Saturn entdeckt
Dr. Elias Roussos vom MPI für Sonnensystemforchung erhält die Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft.
Mindestens 60 Monde umkreisen den Riesenplaneten Saturn. Der größte Mond, Titan, stellt sogar den Planeten Merkur in den Schatten; die kleinsten Monde messen hingegen nur wenige Kilometer im Durchmesser. Auf ihrem Weg um den Planeten hinterlassen all diese Himmelskörper Spuren in der Umgebung des Saturn: Manche speisen die Ringe und die Magnetosphäre - also die magnetische Umgebung - des Gasriesen durch herausgeschlagenes Material oder durch aktive Wassergeysire. Andere "saugen" diese Staubteilchen wie Staubsauger an. Die Lücken zwischen den Ringen entsprechen deshalb oft der Umlaufbahn eines Mondes. Zudem absorbieren die Monde auch die Elektronen und Ionen, welche die Magnetosphäre des Saturns bevölkern.
"Die Monde lassen sich deshalb als Werkzeug nutzen, um diese magnetische Umgebung des Saturns genauer zu untersuchen", erklärt Roussos seinen Ansatz. Ein genaues Bild der Elektronen und Ionen, die den Saturn umgeben, verschaffen sich die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung seit 2004 mit Hilfe des Instruments LEMMS (Low Energy Magnetospheric Measurement System) an Bord der Raumsonde Cassini. Das Instrument wurde in den Laboren des Instituts entwickelt und gebaut. Auf seinem Weg durch das Ringsystem und die Magnetosphäre des Saturns misst LEMMS die Energien dieser Teilchen und kann so auch ihre räumliche Verteilung bestimmen. In manchen Regionen konnte das Instrument allerdings stellenweise keine Elektronen oder Ionen messen: Dort könnten größere Körper wie etwa Monde oder Ringe die geladenen Teilchen auf ihren Bahnen entlang des Magnetfeldes des Planeten absorbiert und so eine Lücke hinterlassen haben.
Aus solchen Messdaten ist es Roussos unter anderem gelungen, zwei bisher unbekannte Ringe im Saturnsystem vorherzusagen. Sie gehören zu den nur wenige Kilometer großen Monden Methone und Anthe und sind wahrscheinlich durch Meteoriteneinschläge auf den Monden selbst entstanden. "Es handelt sich nicht um geschlossene Ringe, die den Saturn komplett umspannen", beschreibt Roussos. "Sie erstrecken sich nur mehrere tausend Kilometer vor und hinter dem jeweiligen Mond und begleiten ihn auf seiner Umlaufbahn um den Saturn." Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, aus der "Datenlücke" von LEMMS auf das Objekt zu schließen, das diese verursacht hatte. Denn nachdem der Mond oder der Ring eine Stelle passiert und dort Teilchen "angesaugt" hat, füllen die zurückgebliebenen Teilchen die Lücke zum Teil wieder auf. Ganz so, als wenn man in einem Topf voller Brei mit einem Löffel eine Furche zieht. Auch diese schließt sich nach kurzer Zeit wieder. "Dennoch ließen sich die Messdaten durch die Anwesenheit der Monde allein nicht erklären", so Roussos. Eine Kamera an Bord der Raumsonde Cassini konnte diese Entdeckung im Herbst vergangenen Jahres bestätigen.
Das gleiche Konzept konnte Roussos auf Daten anwenden, die LEMMS bei einem nahen Vorbeiflug am Mond Rhea gesammelt hatte. Es gelang ihm, die kurzzeitigen "Lücken" in der Zählrate der Elektronen mit etwa ein bis zehn Zentimeter großen Teilchen in Verbindung zu bringen, die den Mond auf stabilen Umlaufbahnen umkreisen. Dies ist ein starker Hinweis auf das erste Ringsystem um einen Mond in unserem Sonnensystem. Die Bestätigung durch eine sehr schwierige, wenn auch nicht unmögliche Kameraaufnahme steht hier allerdings noch aus.
Trotz dieser Erfolge erstreckt sich das Forschungsinteresse von Roussos nicht allein auf den Saturn. Im Verlauf seiner Promotion hat der 30-Jährige an zahlreichen weiteren Weltraummissionen mitgewirkt, wie etwa Venus Express und Mars Express. Mit Hilfe von Daten der Marssonde, die seit 2003 den roten Planeten umkreist, hat Roussos dessen nähere Umgebung untersucht. Anders als die Erde besitzt der Mars zwar kein Magnetfeld, das tief im Planeteninnern entsteht. Doch von manchen Bereichen auf der Planetenoberfläche geht eine Magnetisierung aus. Zusammen mit dem Sonnenwind, dem Strom aus geladenen Teilchen von der Sonne, entsteht so die komplexe, magnetische Umgebung des Planeten. Roussos ist es gelungen, den Einfluss des Sonnenwindes von dem der Oberflächenmagnetisierung auf die Magnetosphäre zu trennen.
Dr. Elias Roussos hat an der Universität von Athen und der International Space University in Straßburg studiert. Von Januar 2005 bis Februar 2008 hat er am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau geforscht und an der TU Braunschweig promoviert. Seine Doktorarbeit hat die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) jetzt mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet. Die MPG würdigt mit dieser Auszeichnung in jedem Jahr außergewöhnliche Leistungen junger Wissenschaftler. In diesem Jahr haben 37 Nachwuchswissenschaftler aus den Bereichen Chemie, Physik und Technik die Otto-Hahn-Medaille erhalten.