Ursprung des schnellen und langsamen Sonnenwindes entdeckt

Messdaten der Raumsonde Solar Orbiter zeigen kleinste Plasmaströme in den Quellregionen des Sonnenwindes.

5. Februar 2025

Kleinste Plasmaströme auf der Sonne treiben sowohl den schnellen als auch den langsamen Sonnenwind an. Das zeigen Daten der ESA-Raumsonde Solar Orbiter, die ein internationales Forscherteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen jetzt ausgewertet hat. Den Forschenden ist es gelungen, Aufnahmen von Plasmaströmen in koronalen Löchern, dunklen Bereichen in der heißen Atmosphäre der Sonne, in Beziehung zu setzen zu in situ-Messungen des Sonnenwindes. Die Mini-Plasmaströme sind rund 100 Kilometer breit, dauern etwa eine Minute an und schleudern geladene Teilchen mit Geschwindigkeiten von etwa 100 Kilometern pro Sekunde ins All. Bisher hatte man angenommen, dass für beide Spielarten des Sonnenwindes unterschiedliche Phänomene verantwortlich sind. Zudem ließen sich die Ursprungsregionen des langsamen Sonnenwindes bisher nicht genau bestimmen. Die neuen Ergebnisse erscheinen heute in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.

Kleinste Plasmaströme aufgenommen von Solar Orbiter

Bereits 2023 hatte eine Forschergruppe unter Leitung des MPS in der Nähe des Sonnensüdpols kleinste Plasmaströme entdeckt. Sie zeigten sich in Aufnahmen des Teleskops Extreme-Ultraviolett Imager (EUI) der Raumsonde Solar Orbiter. Die Auswertungen der Daten legten den Schluss nahe, dass unser Stern den Sonnenwind nicht als gleichmäßigen Teilchenstrom ausstößt. Vielmehr fluktuiert er auf kleinsten Skalen. Die Forschenden brachten das neu gefundene Phänomen jedoch zunächst nur mit den schnellsten Sonnenteilchen in Verbindung. Erst die neue Studie zeigt nun, dass die Mini-Plasmaströme auch langsamere Teilchen antreiben.

Mit Überschallgeschwindigkeit ins All

Der Sonnenwind ist ein nie abreißender Strom geladener Teilchen von der Sonne, der bis in die Tiefen des Sonnensystems vordringt. Er besteht aus zwei Komponenten: dem schnellen und dem langsamen Sonnenwind. Die Teilchen des schnellen Sonnenwindes jagen mit Überschallgeschwindigkeiten von bis zu mehr als 500 Kilometern pro Sekunde durchs All. Ihre Quellregionen zeigen sich in Aufnahmen der Sonnenkorona als dunkle Bereiche, so genannte koronale Löcher. An diesen Stellen ragen die Feldlinien des Sonnenmagnetfeldes weit in den interplanetaren Raum. Der langsame Sonnenwind erreicht Geschwindigkeiten von etwa 300 Kilometern pro Sekunde. Seine Ursprungsorte waren bisher schwerer zu bestimmen.

Für die aktuelle Studie haben die Forschenden nun EUI-Aufnahmen koronaler Löcher zusammen mit in situ-Messungen des Sonnenwindes und der Magnetfelder durch Solar Orbiters Instrument Solar Wind Analyzer (SWA) und Magnetometer (MAG) ausgewertet. Die Messdaten stammen vom Oktober 2022 und April 2023. Zu diesen Zeitpunkten hatte die Raumsonde auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um die Sonne den sonnennächsten Punkt erreicht. Etwa 50 Millionen Kilometer trennten Solar Orbiter von unserem Stern. Das entspricht etwa einem Drittel der Entfernung zwischen Erde und Sonne. Aus dieser Nähe gelingen besonders hochaufgelöste Aufnahmen der Sonnenkorona.

Beim Auswerten der Daten entdeckten die Forschenden, dass nicht nur der schnelle, sondern auch Teile des langsamen Sonnenwindes ihren Ursprung in koronalen Löchern nehmen. „Wir waren sehr überrascht, dass dieselben winzigen Plasmaströme sowohl den schnellen als auch den langsamen Sonnenwind antreiben“, sagt Pradeep Chitta vom MPS, der die neue Studie geleitet hat. „Bisher hatten wir angenommen, dass unterschiedliche Prozesse am Werk sind“, fügt er hinzu.

Während ihrer nächsten nahen Vorbeiflüge an der Sonne im März und September dieses Jahres wird die Raumsonde Solar Orbiter weitere Messdaten einfangen. Diese sollen helfen genauer zu verstehen, wie die kleinen Plasmaströme die Sonnenwindteilchen ins All katapultieren.

 

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